Elfriede Maria Dießl

Steuerberaterin

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12.07.2019

Berücksichtigung von Verlusten aus einer Übungsleitertätigkeit

EStG § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Absatz 1 Nummer 26, § ESTG § 3c Abs. ESTG § 3C Absatz 1

Erzielt ein Übungsleiter steuerfreie Einnahmen unterhalb des sog. Übungsleiterfreibetrags nach § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Nummer 26 EStG, kann er die damit zusammenhängenden Aufwendungen insoweit abziehen, als sie die Einnahmen übersteigen, wenn hinsichtlich der Tätigkeit eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt (Anschluss an BFH v. 20.12.2017 – BFH Aktenzeichen IIIR2315 III R 23/15, BFHE 260, BFHE Band 260 Seite 271, DStR 2018, DSTR Jahr 2018 Seite 782).

BFH, Urt. v. 20.11.2018 – VIII R 17/16, DStR 2019, DSTR Jahr 2019 Seite 972 (Vorinstanz: BeckRS 2016, BECKRS Jahr 95483)

Vanessa Pelkmann, Ass. iur., M.A. (Taxation), Verlag C.H.BECK, München

Sachverhalt

Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr 2013 aus einer Übungsleitertätigkeit Einnahmen iHv 108 €. Den Einnahmen standen Ausgaben iHv 608,80 € gegenüber. Die Differenz von 500,60 € machte der Kl. in seiner Einkommensteuererklärung 2013 als Verlust aus selbständiger Tätigkeit geltend, den das FA nicht berücksichtigte. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit dem Hinweis ab, dass Betriebsausgaben oder Werbungskosten aus einer Tätigkeit als Übungsleiter steuerlich nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben den Freibetrag des § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Nummer 26 EStG iHv 2.400 € übersteigen. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung

Der BFH hob auf die Revision des FA das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Das FG habe zwar zu Recht die Abziehbarkeit von Erwerbsaufwendungen zur Erzielung von Einnahmen aus der Übungsleitertätigkeit iSd § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Nummer 26 EStG bejaht, obwohl die steuerfreien Einnahmen nicht über den Übungsleiterfreibetrag iHv 2.400 € hinausgegangen seien und die Aufwendungen die Einnahmen überstiegen hätten. Allerdings sei die Sache nicht spruchreif, weil das FG keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen habe, ob der Kl. seine Übungsleitertätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt habe. Eine Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht sei insbesondere dann von Nöten, wenn – wie im Streitfall – die Ausgaben die Einnahmen aus der Übungsleitertätigkeit deutlich überstiegen, denn die daraus resultierenden Verluste seien steuerlich nur anzuerkennen, sofern keine Liebhabereitätigkeit vorliege.

Die Abziehbarkeit der Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen des Kl. aus der Übungsleitertätigkeit gestanden haben, richte sich im Streitfall allein nach § ESTG § 3c Abs. ESTG § 3C Absatz 1 EStG und nicht nach § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Nummer 26 S. 2 EStG, weil die Einnahmen des Kl. den Freibetrag von max. 2.400 € nicht überstiegen haben. Die Vorschrift des § ESTG § 3c Abs. ESTG § 3C Absatz 1 EStG stehe dem Verlustabzug nicht entgegen. Nach § ESTG § 3c EStG dürfen Ausgaben, „soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen“, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Daraus ergebe sich jedoch lediglich ein „Aufteilungsgebot“ in Bezug auf steuerfreie und steuerpflichtige Einnahmen. Sind wie im Streitfall ausschließlich steuerfreie Einnahmen erzielt worden und seien die damit im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Aufwendungen höher, sei § ESTG § 3c Abs. ESTG § 3C Absatz 1 EStG dahingehend auszulegen, dass der Ausgabenabzug lediglich bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen vom Abzug ausgeschlossen sei. Der übersteigende Betrag sei grundsätzlich als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Diese Auslegung stehe auch im Einklang mit dem Rechtsgrundsatz, bei steuerfreien Einnahmen dürfe kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den Abzug von unmittelbar mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden. Die Abzugsbeschränkung könne deshalb nicht dazu führen, dass die im Rahmen einer Einkunftsart angefallenen Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auch insoweit nicht abgezogen werden können, als sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen. Ansonsten würde der Steuervorteil für nebenberufliche Übungsleiter in einen nicht gerechtfertigten Steuernachteil umschlagen.

Die Abziehbarkeit der übersteigenden Aufwendungen bestehe aber nur bei Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen. Ob diese im Streitfall vorliege, habe das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen.

Praxishinweis

Mit der Besprechungsentscheidung schließt sich der VIII. Senat der Auffassung des III. Senats des BFH an, der bereits mit Urteil v. 20.12.2017 (DStR 2018, DSTR Jahr 2018 Seite 782, Bespr. Wendl DStRK 2018, DSTRK Jahr 2018 Seite 137) entschieden hat, dass Verluste aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit steuerrechtlich auch dann zu berücksichtigen sind, wenn die Einnahmen den Freibetrag nach § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Nummer 26 EStG nicht übersteigen. Der III. Senat ging in seiner Urteilsbegründung ebenfalls davon aus, dass sich die Abziehbarkeit der Aufwendungen im Verlustfall nicht nach § ESTG § 3 Nr. ESTG § 3 Nummer 26 S. 2 EStG richtet, sondern nach § ESTG § 3c Abs. ESTG § 3C Absatz 1 EStG. Abzuwarten bleibt, ob sich die Finanzverwaltung dieser Auffassung anschließt. Sollten Verluste aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit in Steuerbescheiden nicht anerkannt werden, sollte Einspruch unter Hinweis auf die beiden BFH-Entscheidungen eingelegt werden, wenn die Tätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübt wird.