Elfriede Maria Dießl

Steuerberaterin

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06.03.2017

Keine Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb von Wohnungseigentum ohne Selbstnutzung

ErbStG § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c

Der Erwerb von Wohnungseigentum von Todes wegen durch ein Kind ist nicht steuerbefreit, wenn das Kind die Wohnung nicht selbst nutzt, sondern unentgeltlich einem Dritten zur Nutzung überlässt. Das gilt auch bei einer unentgeltlichen Überlassung an nahe Angehörige.

BFH, Urt. v. 5.10.2016 – II R 32/15
Vorinstanz: FG Hessen v. 24.3.2015 – FGHESSEN Aktenzeichen 1K11815 1 K 118/15, DStRE 2016, DSTRE Jahr 2016 Seite 1173

Sachverhalt:

[1] I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Kl.) ist Alleinerbin ihres am 4.1.2010 verstorbenen Vaters (V), nachdem ihre Mutter (M) als testamentarisch eingesetzte Erbin die Erbschaft nach V ausgeschlagen hat. Zum Nachlass gehört ua ein Miteigentumsanteil zu 1/2 an einer Eigentumswohnung. V hat zusammen mit M die Wohnung bis zu seinem Tod selbst bewohnt. Nach dem Tod des V wohnt M weiterhin in der Wohnung. Die Kl. überlässt M ihren hälftigen Miteigentumsanteil unentgeltlich zur Nutzung. Sie selbst übernachtet dort gelegentlich und nutzt einen Raum der Wohnung für die Verwaltung des Nachlasses.

[2] In ihrer Erbschaftsteuererklärung v. 30.7.2010 beantragte die Kl. für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an der Wohnung die Steuerbefreiung nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG.

[3] Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) setzte mit Bescheid v. 23.8.2010 Erbschaftsteuer iHv 54.060 € fest. Die beantragte Steuerbefreiung wurde nicht gewährt. Die unentgeltliche Überlassung des Miteigentumsanteils an M stelle keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken iSd § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG dar.

[4] Der Einspruch war erfolglos. Nachdem die Kl. Klage beim FG erhoben hatte, stellte das FA ua den Wert des übertragenen Anteils an der Wohnung fest und änderte mit Bescheid v. 20.4.2011 die Erbschaftsteuer entsprechend ab. Die Klage blieb ebenso erfolglos. Das FG führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Wohnung sei bei der Kl. nicht zur Selbstnutzung bestimmt. Das Urteil des FG ist in DStRE 2016, DSTRE Jahr 2016 Seite 1173 veröffentlicht.

[5] Mit ihrer Revision macht die Kl. eine Verletzung des § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG geltend. Auch die unentgeltliche Überlassung an einen nahen Angehörigen sei eine Selbstnutzung der Wohnung. Die Besonderheiten des Streitfalls erforderten eine Ausdehnung der Steuerbefreiung.

[6] Die Kl. beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid v. 20.4.2011 dahin gehend abzuändern, dass ein Erwerb iHv 156.126 € steuerfrei bleibt.

[7] Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe:

[8] II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ FGO § 126 Abs. FGO § 126 Absatz 2 FGO). Das FG hat zu Recht für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an der allein von M bewohnten Wohnung die Steuerbefreiung nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG versagt.

Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG

[9] 1. Steuerfrei ist nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG ua der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück iSd § BEWG § 181 Abs. BEWG § 181 Absatz 1 Nr. BEWG § 181 Absatz 1 Nummer 1 bis BEWG § 181 Absatz 1 Nummer 5 BewG (in der ab 2009 geltenden Fassung) durch Kinder iSd Steuerklasse I Nr. 2, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim) und soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert (§ ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 5 ErbStG).

Anforderungen an begünstigtes Familienheim

[10] 2. Nach ihrem Wortlaut erfasst die Steuerbefreiung nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG eine auf einem bebauten Grundstück iSd § BEWG § 181 Abs. BEWG § 181 Absatz 1 Nr. BEWG § 181 Absatz 1 Nummer 1 BewG gelegene Wohnung, wenn die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Eine Wohnung ist zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Die Absicht des Erwerbers zur Selbstnutzung der Wohnung lässt sich als eine innere Tatsache nur anhand äußerer Umstände feststellen. Dies erfordert, dass der Erwerber in die Wohnung einzieht und sie als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt (vgl. BFH v. 23.6.2015 – BFH Aktenzeichen IIR1313 II R 13/13, BFHE 250, BFHE Band 250 Seite 203, BStBl. II 2016, BSTBL Jahr 2016 II Seite 223 = DStRE 2015, DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Rn. DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Randnummer 15). Hinsichtlich des Begriffs der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken entspricht § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG den Formulierungen in § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4a ErbStG (Zuwendung des Familienheims unter Ehegatten zu Lebzeiten) und § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4b ErbStG (Erwerb von Todes wegen des Familienheims unter Ehegatten). Der Wohnungsbegriff des Familienheims in diesen Vorschriften bestimmt sich nach der tatsächlichen Nutzung (zutreffend R E 13.4 Abs. 7 S. 6 iVm R E 13.3 Abs. 2 S. 3 ErbStR 2011). Der Erwerber muss dort den Mittelpunkt seines Lebensinteresses haben (BFH v. 18.7.2013 – BFH Aktenzeichen IIR3511 II R 35/11, BFHE 242, BFHE Band 242 Seite 153, BStBl. II 2013, BSTBL Jahr 2013 II Seite 1051 = DStR 2013, DSTR Jahr 2013 Seite 2389 Rn. DSTR Jahr 2013 Seite 2389 Randnummer 9 ff., zu § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4a ErbStG idF bis 31.12.2008; R E 13.4 Abs. 7 S. 6 iVm R E 13.3 Abs. 2 S. 4 ErbStR 2011). Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist auch dann noch gegeben, wenn das Kind, zB als Berufspendler, mehrere Wohnsitze hat, das Familienheim aber seinen Lebensmittelpunkt bildet (BT-Drs. 16/11107, 8 f.). Für eine Bestimmung zur Selbstnutzung reicht eine bloße Widmung zur Selbstnutzung durch den Erwerber – beispielsweise durch Angabe in der Erbschaftsteuererklärung – nicht aus (BFH in BFHE 250, BFHE Band 250 Seite 203, BStBl. II 2016, BSTBL Jahr 2016 II Seite 223 = DStRE 2015, DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Rn. DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Randnummer 16).

Unentgeltliche Überlassung der Wohnung zur Nutzung an einen Dritten keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken

[11] 3. Die unentgeltliche Überlassung der Wohnung zur Nutzung an einen Dritten stellt keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken dar. Dies gilt auch bei einer unentgeltlichen Überlassung an Angehörige iSd § AO § 15 AO (vgl. Jochum in Götz/Meßbacher-Hönsch, eKomm, bis 5.11.2015, ErbStG § 13 Rn. 91 iVm 83 – Aktualisierung v. 23.8.2016 –; Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13 Rn. 39.6; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rn. 74; Kien-Hümbert in Moench/Weinmann, ErbStG, § 13 Rn. 4; Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 4. Aufl., ErbStG § 13 Rn. 76 ff.; Jochum in Wilms/Jochum, ErbStG, § 13 Rn. 89 – Stand September 2016 –; aA Hartmann in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, ErbStG § 13 Rn. 26.7).

Zweck des § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG

[12] a) Der Zweck des § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG rechtfertigt nicht die Anwendung der Vorschrift auf die unentgeltliche Überlassung des Erwerbs zur Nutzung an (nahe) Familienangehörige.

[13] Der Gesetzgeber hat bereits in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht, dass der Schutz des familiären Lebensraums es gebiete, die Steuerbefreiung davon abhängig zu machen, dass das Kind als Erwerber das Familienheim auch tatsächlich selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Als ausdrücklich schädlich hat er zwar in der Gesetzesbegründung lediglich den Verkauf, eine Vermietung oder einen längeren Leerstand aufgeführt (BT-Drs. 16/11107, 9). Schädlich ist darüber hinaus aber auch eine unentgeltliche Überlassung an Dritte, selbst wenn es sich um Angehörige iSd § AO § 15 AO handelt. Denn auch in diesem Fall liegt eine unmittelbare tatsächliche Selbstnutzung der Wohnung nicht vor.

Rechtslage bei Aufgabe der Selbstnutzung

[14] b) Ausdrücklich geregelt hat der Gesetzgeber in § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 5 ErbStG den Fall der Aufgabe der Selbstnutzung. Die Steuerbefreiung fällt danach weg, wenn der Erwerber eine Wohnung durch die Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken als Familienheim bestimmt hat und später das Familienheim innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken nutzt. Die Aufgabe der Selbstnutzung zu Wohnzwecken führt grundsätzlich zum Wegfall der Steuerbefreiung, es sei denn, der Erwerber ist aus zwingenden Gründen am weiteren Bewohnen des Familienheims gehindert. Zwingende Gründe, die einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entgegenstehen, können nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 5 ErbStG daher die Steuerbefreiung eines bereits selbst genutzten Familienheims erhalten. Sie führen jedoch nicht dazu, dass die Steuerbefreiung ohne jede Selbstnutzung einer Wohnung zu Wohnzwecken zu gewähren ist. Nimmt der Erwerber die Selbstnutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken überhaupt nicht auf, ist die von Todes wegen erworbene Wohnung kein Familienheim und damit der Erwerb nicht nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG steuerbefreit (vgl. BFH in BFHE 250, BFHE Band 250 Seite 203, BStBl. II 2016, BSTBL Jahr 2016 II Seite 223 = DStRE 2015, DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Rn. DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Randnummer 19).

Ausdehnung der Steuerbefreiung nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG auf Fälle der unentgeltlichen Überlassung der Wohnung an Angehörige nicht möglich

[15] c) Entgegen der Ansicht der Kl. ergibt sich eine Ausdehnung der Steuerbefreiung nach § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG auf Fälle der unentgeltlichen Überlassung der Wohnung an Angehörige auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § EIGZULG § 4 EigZulG. Abgesehen davon, dass das Eigenheimzulagengesetz schon in zeitlicher Hinsicht nicht greifen würde (vgl. § EIGZULG § 19 Abs. EIGZULG § 19 Absatz 9 EigZulG), bestimmt § EIGZULG § 4 S. 2 EigZulG ausdrücklich, dass eine Wohnung auch dann als zu eigenen Wohnzwecken genutzt anzusehen ist, soweit der Anspruchsberechtigte sie unentgeltlich zu Wohnzwecken an einen Angehörigen iSd § AO § 15 AO überlässt. Dadurch unterscheidet sich § EIGZULG § 4 EigZulG von anderen Normen, die ebenfalls die Selbstnutzung einer Wohnung zur Tatbestandsvoraussetzung haben, und begünstigt zB im Unterschied zu § ESTG § 10e EStG auch die an einen Angehörigen ganz überlassene Wohnung (BT-Drs. 13/2235, 15). Der Gedanke des § EIGZULG § 4 S. 2 EigZulG ist aber nicht auf § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG übertragbar, der eine solche ausdrückliche Regelung zur Gleichstellung der unentgeltlichen Überlassung der Wohnung an Angehörige mit der Selbstnutzung der Wohnung durch den Erwerber nicht enthält. Das EigZulG und das ErbStG verfolgen unterschiedliche Zwecke. Durch das EigZulG sollte die Vermögensbildung der Bevölkerung durch Wohneigentum gefördert und die Wohnung als wesentlicher Bestandteil der privaten Altersvorsorge herausgestellt werden. Auch Haushalten mit geringerem Einkommen, die an der Schwelle zum Wohneigentum stehen, sollte der Zugang zum Erwerb eigenen Wohneigentums erleichtert werden (BT-Drs. 13/2235, 14). § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG hingegen soll als begrenzte Steuerfreistellung für Kinder neben dem Schutz des familiären Lebensraums auch dem Ziel der Lenkung in Grundvermögen schon zu Lebzeiten des Erblassers dienen. Das Familiengebrauchsvermögen soll in bestimmten Grenzen krisenfest erhalten werden (BT-Drs. 16/11107, 9).

 

Übereinstimmung mit Auslegung von § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4a S. 1 ErbStG idF bis zum 31.12.2008

[16] d) Diese Auslegung des § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG steht im Einklang mit dem BFH-Urteil v. 26.2.2009 – BFH Aktenzeichen IIR6906 II R 69/06 (BFHE 224, BFHE Band 224 Seite 151, BStBl. II 2009, BSTBL Jahr 2009 II Seite 480 = DStR 2009, DSTR Jahr 2009 Seite 575 mAnm Schm) zur Auslegung von § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4a S. 1 ErbStG idF bis zum 31.12.2008. Danach liegt bei einem Familienwohnheim eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken der Ehegatten auch vor, soweit Verwandte der Ehegatten Räumlichkeiten des Hauses im Rahmen eines gemeinsamen Hausstandes mit den Ehegatten bewohnen. Um eine anderweitige, die Steuerbefreiung anteilig ausschließende Nutzung des Gebäudes handelt es sich demgegenüber, soweit Verwandte in dem Haus wohnen, ohne mit den Ehegatten einen gemeinsamen Hausstand zu führen (BFH in BFHE 224, BFHE Band 224 Seite 151, BStBl. II 2009, BSTBL Jahr 2009 II Seite 480 = DStR 2009, DSTR Jahr 2009 Seite 575 mAnm Schm). Zu § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausdrücklich angeführt, dass ein durch die Vorschrift zu schützendes Familiengebrauchsvermögen entweder bei in Hausgemeinschaft mit den Eltern lebenden Kindern anzunehmen ist oder bei Kindern, die unverzüglich nach dem Erwerb das Familienheim selbst zu Wohnzwecken nutzen (BT-Drs. 16/11107, 9). Die nicht ausdrücklich erwähnte Überlassung des Familienheims bzw. eines Miteigentumsanteils hieran an Angehörige erfüllt daher nicht den Tatbestand der Steuerbefreiung.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuerbefreiung

[17] e) Die eng am Wortlaut vorgenommene Auslegung des § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4c S. 1 ErbStG ist auch deshalb geboten, weil die Steuerbefreiung verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (vgl. BFH v. 27.9.2012 – BFH Aktenzeichen IIR911 II R 9/11, BFHE 238, BFHE Band 238 Seite 241, BStBl. II 2012, BSTBL Jahr 2012 II Seite 899 = DStR 2012, DSTR Jahr 2012 Seite 2063 Rn. DSTR Jahr 2012 Seite 2063 Randnummer 150; in BFHE 242, BFHE Band 242 Seite 153, BStBl. II 2013, BSTBL Jahr 2013 II Seite 1051 = DStR 2013, DSTR Jahr 2013 Seite 2389, zu § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4a ErbStG; v. 3.6.2014 – BFH Aktenzeichen IIR4512 II R 45/12, BFHE 245, BFHE Band 245 Seite 374, BStBl. II 2014, BSTBL Jahr 2014 II Seite 806 = DStR 2014, DSTR Jahr 2014 Seite 1670 Rn. DSTR Jahr 2014 Seite 1670 Randnummer 26, zu § ERBSTG § 13 Abs. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nr. ERBSTG § 13 Absatz 1 Nummer 4b S. 1 ErbStG; und in BFHE 250, BFHE Band 250 Seite 203, BStBl. II 2016, BSTBL Jahr 2016 II Seite 223 = DStRE 2015, DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Rn. DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Randnummer 21, mwN). Eine Anwendung dieser Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus wäre jedenfalls verfassungsrechtlich noch bedenklicher und ist somit ausgeschlossen (BFH in BFHE 250, BFHE Band 250 Seite 203, BStBl. II 2016, BSTBL Jahr 2016 II Seite 223 = DStRE 2015, DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Rn. DSTRE Jahr 2015 Seite 1249 Randnummer 21).

Beurteilung des Streitfalls

[18] 4. Nach diesen Grundsätzen steht der Kl. für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an der Wohnung die geltend gemachte Steuerbefreiung nicht zu. Die Wohnung war nach dem Erwerb nicht unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Die subjektive Absicht der Kl. zur Selbstnutzung reicht nicht aus. Ebenso wenig ausreichend ist die gelegentliche Mitbenutzung von Räumlichkeiten in der Wohnung zur Übernachtung oder zur Nachlassverwaltung. Dadurch begründet die Kl. weder ihren Lebensmittelpunkt in der Wohnung noch bildet sie eine Hausgemeinschaft mit ihrer Mutter. Die unentgeltliche Überlassung des hälftigen Miteigentumsanteils an der Wohnung durch die Kl. an ihre Mutter steht einer Selbstnutzung nicht gleich.

[19] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § FGO § 135 Abs. FGO § 135 Absatz 2 FGO, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auf § 121 S. 1 iVm § FGO § 90 Abs. FGO § 90 Absatz 2 FGO.