Elfriede Maria Dießl

Steuerberaterin

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06.03.2017

Keine Berücksichtigung von Aufwendungen für einen mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteten Raum

EStG § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 4, Abs. ESTG § 4 Absatz 5 S. 1 Nr. ESTG § 4 Absatz 4 Nummer 6b

  1. Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einnahmen als auch zu privaten Wohnzwecken eingerichtet ist und entsprechend genutzt wird, können weder insgesamt noch anteilig als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (Anschluss an den Beschluss des GrS des BFH v. 27.7.2015 – BFH Aktenzeichen GRS114 GrS 1/14, BStBl. II 2016, BSTBL Jahr 2016 II Seite 265 = DStR 2016, DSTR Jahr 2016 Seite 174; Anm. BerganSteuK 2016, STEUK Jahr 2016 Seite 103).
  2. Ein mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteter Raum, der ausschließlich über einen dem Privatbereich zugehörigen Flur zugänglich ist, verfügt über kein betriebsstättenähnliches Gepräge.

BFH, Urt. v. 8.9.2016 – III R 62/11, BeckRS 2016, BECKRS Jahr 95791 (Vorinstanz: BeckRS 2011, BECKRS Jahr 96368)

Rainer Wendl, Richter am BFH, München

Sachverhalt

Der Kläger (Kl.) ist Steuerfachwirt und betrieb im Streitjahr 2007 ein gewerbliches Büro für Buchführungs- und Schreibarbeiten. Seine hieraus erzielten Gewinne ermittelte er nach § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 3 EStG in der für das Streitjahr 2007 geltenden Fassung. Der Kl. wohnte im Streitjahr in einem angemieteten Zwei-Zimmerapartment (73 m²) mit teilweise offener Bauweise. Das räumlich abgeschlossene Schlafzimmer umfasste 17 m². Der im Grundriss als Wohnzimmer ausgewiesene Raumteil war 38 m² groß. Dieser Raum war mit zwei Schreibtischen, Regalschränken und Bürogeräten ausgestattet und wurde für die gewerbliche Tätigkeit genutzt. Die Küche (3,6 m²) ragte in offener Bauweise in den als Büro genutzten Bereich hinein. Die restliche Wohnfläche entfiel im Wesentlichen auf Flur und Bad. Außerhalb seiner Wohnung unterhielt der Kl. keinen betrieblich genutzten Raum. Die für den als Büro genutzten Raumteil angefallene Miete und Nebenkosten machte der Kl. in seiner Einkommensteuererklärung als Betriebsausgaben geltend. Das FA erkannte diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Revision des Kl. war unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das FG habe zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für den vom Kl. als Büro genutzten Bereich nicht nach § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 5 S. 1 Nr. ESTG § 4 Absatz 5 Nummer 6b S. 1 EStG als Betriebsausgaben abziehbar seien, da der Raum im Streitjahr sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch zu privaten Zwecken genutzt wurde. Der erkennende Senat habe die eingetretene Rechtsänderung zu berücksichtigen und § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 5 S. 1 Nr. ESTG § 4 Absatz 5 Nummer 6b EStG idF des JStG 2010 anzuwenden, da die Vorschrift erstmals ab dem VZ 2007 gelte. Nach dieser Vorschrift dürften Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn grundsätzlich nicht mindern. Ein häusliches Arbeitszimmer liege nicht vor, wenn der innerhalb des privaten Wohnbereichs gelegene, betrieblich genutzte Raum ein betriebsstättenähnliches Gepräge aufweise. Aufwendungen für solche betrieblich genutzten Räume könnten vielmehr unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar sein, wenn sich der betriebliche Charakter des Raums und dessen Nutzung anhand objektiver Kriterien feststellen ließen. Im Streitfall liege jedoch kein Raum mit betriebsstättenähnlichem Gepräge vor. Es sei weder eine entsprechende Ausstattung (zB Notfallpraxis, Tonstudio, Werkstatt) vorhanden, da der Bürobereich nach Art eines häuslichen Arbeitszimmers eingerichtet sei. Noch sei das Büro nach außen erkennbar für den Publikumsverkehr gewidmet und für dritte Personen leicht zugänglich gewesen, da es nur über den auch privat genutzten Flur erreicht werden konnte. Ein Betriebsausgabenabzug nach § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 5 S. 1 Nr. ESTG § 4 Absatz 5 Nummer 6b EStG scheitere daran, dass der gesamte – aus Bürobereich und Küche bestehende – Raum nicht (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften, sondern vielmehr in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Wohnzwecken genutzt worden sei. Ein Abzug anteiliger Aufwendungen für gemischt genutzte Räume scheide nach den vom GrS des BFH entwickelten Grundsätzen aus (DStR 2016, DSTR Jahr 2016 Seite 174).

Praxishinweis

Bei der Geltendmachung von Betriebsausgaben für mit dem privaten Wohnbereich verbundene Räume ist zu prüfen, ob der Raum dem Typus häusliches Arbeitszimmer (Einrichtung mit Büromöbeln zur vorwiegenden Erledigung von Büroarbeiten) entspricht oder betriebsstättenähnlichen Charakter aufweist. Letzterer kann sich vor allem aus der nicht büromäßigen Art der Einrichtung (zB Maschinen, Warenregale, Behandlungsliegen, etc) und/oder aus einer deutlichen Trennung vom privaten Wohnbereich (zB separater Eingang, erkennbare Öffnung für Publikumsverkehr) ergeben. Für solche Räume geht der Gesetzgeber nicht von einer privaten Mitbenutzung aus, die eine Abzugsbeschränkung rechtfertigt.

Ein häusliches Arbeitszimmer muss dagegen nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werden, um eine Abzugsmöglichkeit nach § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 5 S. 1 Nr. ESTG § 4 Absatz 5 Nummer 6b S. 2 und 3 EStG zu eröffnen. Im Streitfall wäre daher ein Abzug in Betracht gekommen, wenn der größere Raum als kombinierter Wohn-/Ess- und Schlafraum genutzt worden wäre und das räumlich geschlossene „Schlafzimmer“ nahezu ausschließlich als beruflich genutztes Büro fungiert hätte.