Elfriede Maria Dießl

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06.03.2017

Berechnung des Unterhaltshöchstbetrags gemäß § 33a Abs. 1 EStG – Elterngeld ist in vollem Umfang zu berücksichtigen

EStG 2002 v. 16.7.2009 § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 5; BEEG § BEEG § 2 Abs. BEEG § 2 Absatz 4

Das Elterngeld zählt bei der Berechnung des abzugsfähigen Unterhaltshöchstbetrags in vollem Umfang und damit einschließlich des Sockelbetrags (§ BEEG § 2 Abs. BEEG § 2 Absatz 4 BEEG) zu den anrechenbaren Bezügen des Unterhaltsempfängers iSd § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 5 EStG idF des BürgEntlG KV.

BFH, Urt. v. 20.10.2016 – VI R 57/15, DStR 2016, DSTR Jahr 2016 Seite 2899 (Vorinstanz: BeckRS 2016, BECKRS Jahr 94542)

Dr. Theresia Schilcher, Vorsitzende Richterin am FG München, Außensenate Augsburg

Sachverhalt

Die Klägerin (Kl.) war im Streitjahr (2012) ledig und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § ESTG § 19 Abs. ESTG § 19 Absatz 1 S. 1 Nr. ESTG § 19 Absatz 1 Nummer 1 EStG. Sie ist Mutter von im Jahr 2012 geborenen Zwillingen. Mit Bescheid v. 11.10.2013 setzte das FA die Einkommensteuer für 2012 auf 2.374 € fest. Hiergegen legte die Kl. Einspruch ein, mit dem sie erstmals die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an den die Kinder betreuenden unterhaltsberechtigten Vater ihrer Kinder als außergewöhnliche Belastung nach § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 EStG begehrte. Die für die Monate November und Dezember 2012 geleisteten Unterhaltszahlungen beliefen sich auf 1.334 €. Der unterhaltsberechtigte Kindesvater erhielt in diesem Zeitraum Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) iHv monatlich 1.016,81 €, wovon nach Ansicht der Kl. nur ein den Sockelbetrag übersteigender Anteil als eigene Bezüge des Unterhaltsberechtigten auf den Unterhaltshöchstbetrag nach § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 EStG angerechnet werden dürfe. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Das Elterngeld sei in vollem Umfang und nicht um den Sockelbetrag vermindert als anrechenbarer Bezug des Unterhaltsberechtigten anzusehen und übersteige den anteiligen Unterhaltshöchstbetrag, so dass die von der Kl. geleisteten Unterhaltsaufwendungen nicht nach § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 EStG abziehbar seien. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kl. als unbegründet zurück.

Erwüchsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so werde auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen im Streitjahr 2012 bis zu 8.004 € vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden könnten (§ ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 1 EStG). Habe die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, so vermindere sich nach § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 5 EStG der Unterhaltshöchstbetrag nach § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 1 EStG um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 € im Kalenderjahr übersteigen.

Unter „Bezügen“ iSd § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 5 Hs. 1 EStG seien alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu verstehen, also auch nicht steuerbare oder – zB in den §§ ESTG § 3 und ESTG § 3b EStG – für steuerfrei erklärte Einnahmen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst würden. Darüber hinaus gehörten gemäß § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 5 Hs. 2 EStG hierzu auch steuerfreie Gewinne nach den §§ ESTG § 14, ESTG § 16 Abs. ESTG § 16 Absatz 4 EStG, § ESTG § 17 Abs. ESTG § 17 Absatz 3 EStG und § ESTG § 18 Abs. ESTG § 18 Absatz 3 EStG, die nach § ESTG § 19 Abs. ESTG § 19 Absatz 2 EStG steuerfrei bleibenden Versorgungsbezüge sowie Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie die höchstmöglichen Absetzungen für Abnutzung nach § ESTG § 7 EStG übersteigen.

Das Elterngeld nach dem BEEG sei eine einkünfteersetzende Sozialleistung. Die von der Kl. vorgebrachte Zweiteilung des Elterngelds in einen rein sozialrechtlichen Sockelbetrag nach § BEEG § 2 Abs. BEEG § 2 Absatz 4 BEEG (§ BEEG § 2 Abs. BEEG § 2 Absatz 5 BEEG) und in einen den Einkünfteausfall ausgleichenden darüber hinausgehenden Aufstockungsbetrag lasse sich weder dem BEEG selbst noch der Begründung des Gesetzentwurfs und den weiteren Gesetzgebungsmaterialien entnehmen (BT-Drs. 16/1889, 16/2454 u. 16/2785). Die dort zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers, die durch die Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte durch das Elterngeld jedenfalls teilweise auszugleichen, spreche vielmehr dafür, das Elterngeld einheitlich als Einkünfteersatz und damit als Bezug gemäß § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 S. 5 EStG anzusehen. Der Sockelbetrag des Elterngeldes sei auch nicht wegen § BEEG § 11 S. 1 BEEG, wonach der Sockelbetrag bei der Bemessung eines zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs in der Regel unberücksichtigt bleibe, bei der Berechnung des Unterhaltshöchstbetrags gemäß § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 EStG anrechnungsfrei zu stellen. Denn der Gesetzgeber habe in § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 EStG bewusst eine stark typisierende Regelung getroffen. Dies begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Praxishinweis

Bereits mit Beschluss v. 21.9.2009 (BFH Aktenzeichen VIB3109 VI B 31/09, BStBl. II 2011, BSTBL Jahr 2011 II Seite 382 = DStR 2009, DSTR Jahr 2009 Seite 2139) hatte der BFH das nach dem BEEG aF gezahlte Elterngeld als einkünfteersetzende Sozialleistung qualifiziert. Das BVerfG hatte eine Verfassungsbeschwerde dagegen nicht zur Entscheidung angenommen. Auch das BSG charakterisiert das Elterngeld als Einkommensersatz. Nach dem Besprechungsurteil dürfte nunmehr die volle Anrechnung des Elterngeldes auf den Unterhaltshöchstbetrag nach § ESTG § 33a Abs. ESTG § 33A Absatz 1 EStG endgültig entschieden sein.